Ski & Wandern

Skitouren in Graubünden – nicht nur ein Skierlebnis

Wir hatten uns das erste Wochenende der Osterferien vorgenommen und wollten noch 4 Tage zu Skitouren aufbrechen. Es war bereits Anfang April und da stellte sich die Frage wo noch genügend Schnee liegt. Die Entschei-dung fiel auf Graubünden in der Schweiz. Wir steuerten das Safiental an und fanden in Tenna ein wunderschönes Quartier. Die Fahrt dahin war allerdings schon ein kleines Abenteuer, denn die Straße wurde immer schmäler und hatte keine Rand-Begrenzung, es regnete ganz ordentlich und das eine oder andere Reh sprang vor uns über die Straße. So waren wir froh, als wir das 1.654 m hohe Bergdorf Tenna erreichten.

Der nächste Tag sollte bewölktes Wetter bringen und so zog es uns erst relativ spät nach draußen. Das Ziel der Eingehtour war das 2.581 m hohe Plangghorn oder auch Piz Radun genannt. An einem Kuhstall am Berg ging es los und der Bauer erlaubte uns neben seinem Stall zu parken. Das war einfach, denn wir waren die einzigen hier oben. Zunächst zog sich ein schmales Band Schnee hinauf auf ca. 1.800 m und dann begann ein schöner Aufstieg im immer weicher werdenden Schnee. Wir erreichten den Gipfel und hatten auch eine passable Sicht. Die dünne Luft auf über 2.500 m merkten wir schon deutlich. Die Abfahrt war gut, aber man darf um die Jahreszeit natürlich keinen Pulverschnee mehr erwarten. Weiter unten wurde es sogar beschwerlich, da die Ski im nassen Schnee durchsackten. So freuten wir uns auf ein warmes Getränk und Entspannung in unserer urigen Ferienwohnung.

Dort erklärte uns Yvonne, die Bäuerin und Frau des Hauses, wie man einen Grundofen anschürt und brachte uns die traditionellen “Totenbeinli” zum Probieren vorbei. Ihr wisst nicht was Totenbeinli sind? Es ist ein tradition-elles Gebäck aus Graubünden und ähnelt ein wenig den italienischen Cantuccini. Auf jeden Fall sehr lecker.

Der nächste Tag brachte auch wieder nicht so gutes Wetter. Es war erneut bewölkt und weiter oben sollte es Wind geben. Fenni fand das alles sehr angenehm und wir wollten eigentlich gar nicht vor die Türe. Aber gut, wir gingen es an, das Tällihorn mit 2.855 m. Hinauf ging allerdings nur Fenni,

wir streikten im Windschatten eines Felsens, so ca. eine halbe Stunde unter dem Gipfel. Die Abfahrt war dafür echt genial. Sie führte über sicheres kupiertes Gelände, bei ordentlichen Schneeverhältnissen, zurück zum Auto. Diesmal empfing uns Yvonne mit einem selbstgemachten Käse von der eigenen Alm und einer Kanne frischer Milch. Für Sonntag meldete der Wetterbericht dann schönes Wetter und wir planten am Abend wo es hingehen soll.

Der Entschluss fiel auf das Bärenhorn. Uns erwartete ein Anstieg über rund 10 km und eine Höhe von 2.929 m. Es war ein Traumtag mit viel Sonne und ganz wenigen Wolken, die den phantastischen Bergen noch ein Krönchen verliehen haben. Leider schafften es Claudia und ich auch hier nicht bis zum Gipfel und das lag an dem Tag nur an mir und meinem grummelnden Bauch. Dazu kam noch, dass ich die Sonnen-Creme schlichtweg vergessen hatte und das sollte sich noch bitter rächen. Fenni erreichte den Gipfel, der in seinem oberen Bereich nicht ganz einfach war. Die Abfahrt hinaus aus dem Tal, entlang einer imposanten Bergkette, war ein einziger Traum und die Abrundung eines wunderschönen Skitages.

Tags drauf kam dann die Rache der Sonne und ich hatte mir so das Gesicht verbrannt, dass ich im Schatten bleiben musste. An eine Skitour war nicht mehr zu denken. Fenni ließ sich nicht aufhalten und meisterte noch den 2.581 m hohen Piz Gün über einen 400 m langen Grat, den wir, wie sich herausstellte, sowieso nicht hätten gehen können. Aber so hatten wir alle unseren Spaß. Fenni am Berg und wir im Dorf.

Ja und das Dorf, das hat uns mächtig beeindruckt. Es vermittelte uns das Gefühl da oben ist die Welt noch in Ordnung. Die Menschen helfen sich untereinander, die Erwachsenen winken Dir zu, wenn Du vorbeiläufst oder -fährst. Die Kinder werfen Dir ein fröhliches Grüezi entgegen und blicken nicht im Vorbeigehen auf das Handy. Den Gegenverkehr passieren zu lassen ist eine Selbstverständlichkeit. Ja hier oben leben sie miteinander und mit der Natur, da geht das WLAN mit den Hauswirten schlafen und Ski wird am weltweit einzigen Solarlift gefahren. Im Winter kommt es oft vor, dass das Dorf aufgrund des Schnees, völlig von der Außenwelt abgeschnitten ist und im Sommer richten sich die Ferien nach der Heuernte. Ach ja und eine Schule gibt es in dem 112 Seelendorf auch noch. Dort unterrichtet eine Lehrerin in

einer Klasse die Schüler zwischen der 1. und 6. Klasse, gleichzeitig! Wie das geht? Schaut es Euch an unter In der Gesamtschule im Safiental – Droht die Schliessung? | Mona mittendrin 2022 | SRF Dok

Die Kinder haben uns beeindruckt. Die wissen alle was sie nach der Schule machen wollen und sie nannten alle Berufe die im Tal zum Leben gebraucht werden. Da kommt keiner auf die Idee nach der Schule ein Sabbat-Jahr zu verbringen, um anschließend nicht zu wissen welcher Studiengang eingeschlagen wird. Die Kinder unserer Hauswirtin sind oder werden Landmaschinenmechaniker, Fleischer, Käser und medizinisch-technische Assistentin. Eine Tochter ist im Film sogar zu sehen.

Für uns ging eine schöne Tourensaison mit dem Abschwung im Safiental zu Ende. Uns haben nicht nur die Berge dort begeistert, sondern vor allem die Menschen. Ein solch schönes Bergerlebnis kann ich Euch nur wünschen. Das Safiental ist eine Reise wert.

Übrigens, wem der Artikel zu lange ist, den bitte ich zukünftig selbst ein paar Zeilen zu unserem SCG-Heft beizutragen, denn dann kann ich mich kürzer fassen und wir bekommen trotzdem ein volles Heft. Nun habe ich fertig. Bleibt gesund und haltet Euch fit, der nächste Winter kommt bestimmt!

Viele Grüße

Harry

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